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Lippstädter Sozis begleiteten die Bundesliga

Erfahrungen beim „Fußball vom Sofa“ in der Saison 2017/18

Mit einem bis zum Sommer 2017 noch nicht angebotenen Format trat der Fernsehsender „Eurosport“ zum Beginn der Bundesligasaison 2017/18 in Erscheinung. „Sofa United“ lautete der Titel des TV-Anbieters in der55. Auflage der am Samstag, 23. August 1963, gestarteten Beletage des Fußballs in Deutschland. Die Idee war, mit einem Blick auf die Fans des Sportes mit dem Lederball zu erfahren, wie diese ihren Enthusiasmus für ihr Steckenpferd ausleben. Auch in Lippstadt waren die Fernsehmacher aus Berlin fündig geworden. Hier beim SPD-Ortsverein. Aus ihm konnten sie für ihr Projekt die HSV-Anhänger, die Gesamtschullehrerin und Ratsfrau Christine Goussis sowie den pensionierten Diplom-Ingenieur Karl-Heinz Tiemann, verpflichten. Ebenso zwei bekennende BVB-Fans, den evangelischen Pfarrer Dietmar Gröning-Niehaus und den Kommunalpolitiker – und Autor dieser nicht alltäglichen Aktivitäten von Sozialdemokraten – Hans Zarembagewinnen. Zeitweilig wurde das SPD-Quartett durch den Sympathisanten des 1. FC Köln aus der Lippstädter Südstadt und Kenner des Fußballs außerhalb der Sozialdemokratie, Willi Budde, ergänzt.

Gruppenbild in der Marienkirche zum Start eines besonderen Experimentes in Lippstadt: Von links Pfarrer Dietmar Gröning-Niehaus, Produktionsleiter von „Anda-Medien“ Daniel Becht, Diplom-Ingenieur Karl-Heinz Tiemann, Kommunalpolitiker Hans Zaremba, Chefredakteur von „Sofa-United“ Marc Rademacher und der Berliner Kameramann Benjamin Piehler.
Archiv-Foto: Carsten Hess (Evangelische Kirche Lippstadt)

Vorbereitungen

An rund zehn Spieltagen während der Spielzeit 2017/18 beobachteten die Fernsehleute aus der Hauptstadt – in der Regel ein Redakteur und eine Kamerafrau – im zum Aufnahmestudio verwandelten Wohnzimmer von Karl-Heinz Tiemann in der Ulenbergstraße im Lippstädter Norden die vier Sozis und ihren sporadischen Gast bei ihren Spielbetrachtungen, die sich vorwiegend beim Bezahlsender „Sky“ dessen samstägliche Konferenz anschauten. Dabei tauschten die Leute im Haus ihres Gastgebers ihre unmittelbar gewonnenen Eindrücke der Szenen in den bundesdeutschen Sportstätten vor der Kamera aus. „Echte Emotionen, von echten Fans!“ war das Motto von „Eurosport“, mit dem der Sender unverfälschte Einblicke von den Schwärmern für den Kickersport erhalten wollte. Vor allem, um einzufangen, wie die Lippstädter ihren Kult für den Fußball zelebrierten und mit ihren Klubs mitlitten. Doch bevor es zum ersten Aufnahmetermin bei Karl-Heinz Tiemann am Samstag, 26. August 2017, kam, hatten sich anlässlich des DFB-Pokalfinales am Samstag, 27. Mai 2017, zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund (1:2) zwei Kameraleute des Produktionsteams von „Anda-Medien“ aus Berlin – die für „Eurosport“ bundesweit die Arbeit in den Wohnzimmern und auf den Campingplätzen für „Sofa-United“ leisteten – im Lokal „Jathe`s Kegelbahnen“, dem Treffpunkt der Lippstädter BVB-Freunde von den „Optimisten“, eingefunden. Ihr Auftrag war, einige Probebilder und Originaltöne von den Liebhabern des Fußballs an der Lippe für die Präsentation in der Pariser Sendezentrale von „Eurosport“ in den Kasten zu bekommen. Der Pilotfilm mit den Gemütsbewegungen aus Lippstadt fand bei den Bossen in der französischen Metropole seine Zustimmung. In der Folge waren am Dienstag, 8. August 2017, der Produktionsleiter Daniel Becht, der Chefredakteur Marc Rademacher sowie der Kameramann und Editor Benjamin Piehler einen ganzen Tag in Lippstadt, um Eindrücke für einen Trailer ihrer Sendungen in der Spielzeit 2017/18 zu erstellen und beobachteten die für „Fußball vom Sofa“ verpflichteten Lippstädter bei ihren täglichen Abläufen. Unter anderem den Pfarrer Dietmar Gröning-Niehaus in der Marienkirche, wo der Theologe für die unterschiedlichsten Sequenzen – von der Sakristei, am Altar bis zur Kanzel – zur Verfügung stehen musste. Aber auch für die Vorbereitung der geplanten Aufnahmen im Wohnraum und rund um das Einfamilienhaus von Karl-Heinz Tiemann war der Aufwand enorm. Selbst eine Drohne mit einer installierten Kamera kam dort zum Einsatz.

Aufnahme in der Sakristei der Marienkirche in Lippstadt: Für einen Trailer von „Sofa United“ schaut Dietmar Gröning-Niehaus im August 2017 in das Objektiv des Kameramannes Benjamin Piehler.

Diskussionen

Es waren aber nicht nur die Spielzüge und die erzielten Treffer, die bei den Dialogen vor der Kamera von den Lippstädtern aufgegriffen wurden. So auch der Videobeweis, der mit Beginn der Saison 2017/18 in der Bundesliga eingeführt wurde und bei dem fernab vom Spielfeld im sogenannten Kölner Keller der Video Assistant Referee (VAR) sitzt. Er schaut sich die strittigen Entscheidungen des Schiedsrichters auf einem Fernseher in der Wiederholung und gegebenenfalls in Zeitlupe an und teilt diesem per Funk seine Sicht der Dinge mit. Fußball ist letztlich ein übersichtliches Spiel, was auch die Diskussionen auf der Couch im Lippstädter Wohnzimmer belegten. Erörtert wurde bei den Treffen auf dem Kanapee von Karl-Heinz Tiemann auch die sogenannte „50+1“-Regel, die in der Satzung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verankert ist. Sie soll den sportlichen Wettbewerb in den deutschen Profiligen schützen und verhindern, dass – wie im europäischen Ausland – Investoren die Entscheidungsmacht über die Strategie eines Fußballvereins übernehmen können. Ob diese Bestimmung in Deutschland – mit den Vereinen aus Hoffenheim, Leverkusen, Leipzig und Wolfsburg – noch in der gebotenen Konsequenz eingehalten wird, wurde bei den samstäglichen Runden in Lippstadt gleichfalls diskutiert. Aber auch viele andere Themen des Sportes und des gesellschaftlichen Lebens wurden von den Lippstädter Fußballfans debattiert. Dabei wurden auch Vorgänge aus der heimischen Kommunalpolitik mit in die kritischen Betrachtungen im Wohnzimmer ihres Gastgebers einbezogen.

Das Fußballgeschehen am Fernseher im März 2018 fest im Blick: Die Vorstandsmitglieder des SPD-Ortsvereins Lippstadt, Dietmar Gröning-Niehaus, Christine Goussis und Karl-Heinz Tiemann.

Saisonfinale

Zum Saisonfinale am Samstag, 12. Mai 2018, hatte „Anda-Medien“ alle bundesdeutschen Gruppen des Fußballs vom Sofa nach Berlin eingeladen. An diesem Tag waren neben dem schon feststehenden Absteiger aus Köln noch der zweite Anwärter für das Unterhaus zu ermitteln und nach den bereits für die Champions League 2018/19 qualifizierten Vereinen aus München und Gelsenkirchen die übrigen zwei Plätze für diesen Wettbewerb zu vergeben. Im Ortsteil Prenzlauer Berg des im Nordosten der Hauptstadt gelegenen Stadtbezirks Pankow hatten die Fernsehleute einen großen Saal gemietet, der durch seine stufenförmig angeordneten Sitzreihen etwas von der Stimmung aus einem Stadion verbreiten und mit der Sitzkissen-Polsterung zugleich den Sofa-Charakter vermitteln sollte. Eine Verbindung, die den Regisseuren des Treffens im „Haus am See“ im Umfeld vieler alteingesessener Berliner Kneipen rundweg gelungen war. Mit den Angeboten in diesem Lokal (Kaffee, Tee und Kuchen sowie kühle Getränke) fühlten sich die aus den unterschiedlichsten Winkeln Deutschlands an die Spree gekommenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie in einem zweiten Wohnzimmer. Dort konnten sie die Fußballkonferenz mit den Entscheidungen über den Abstieg (in Hamburg und Wolfsburg) und für die Qualifikation für die Champions League (in Sinsheim und Leverkusen) auf einer großen Leinwand verfolgen. Für die aus Lippstadt angereisten leidenschaftlichen Verehrer des HSV (Christine Goussis, SPD-Stadtvertreterin, und Karl-Heinz Tiemann, Chronist der Sozialdemokraten im Ortsverein Lippstadt) war die Fußballparty in Berlin ein nicht ganz einfacher Nachmittag, da ihr Verein immer noch die Relegation anstrebte und als einziger seit Gründung der Bundesliga dauerhaft im Wettbewerb dabei den drohenden Niedergang vermeiden wollte. Doch nach dem Ende des 34. Spieltages der Saison 2017/18 mussten die Rothosen aus Hamburg trotz eines 2:1 über Mönchengladbach den bitteren Weg ins Unterhaus antreten, da auch der Konkurrent aus Wolfsburg mit 4:1 das Match gegen die Kölner klar gewann. Wenn die Dortmunder infolge ihrer Tordifferenz nach einer für sie äußerst schwierigen Spielzeit mit zwei Übergangstrainern noch soeben die Qualifikation für die Champions League und damit das vom Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke ausgerufene Saisonziel erreichten, hatten auch die aus Lippstadt in die deutsche Metropole gereisten Gefährten des BVB 09 beim Schluss des „Sofa United“-Unternehmens in Berlin auch nichts zu jubeln. Denn die Borussia aus dem Ruhrgebiet beendete mit dem 1:3 beim Dorfverein, TSG 1899 Hoffenheim, für ihre Möglichkeiten eine mehr oder weniger mittelprächtige Bundesligarunde.

Einschätzungen zum Saisonfinale im Mai 2018: Christine Goussis, Mitglied des Hamburger SV, antwortet in Berlin auf Fragen des Chefredakteurs von „Sofa United“, Marc Rademacher.
Archiv-Fotos (3): SPD-Ortsverein Lippstadt (Kamera Hans Zaremba)

Experiment

Aber für die HSV-Sympathisanten und die Lippstädter BVB-Anhänger war das vor dem Hintergrund ihres politischen Engagements von ihnen eingegangene Experiment, Gemütsbewegungen vor der Fernsehkamera zu zeigen, eine interessante Erfahrung. Was die in Berlin versammelten Fußballfreunde von dem letzten Spieltag für ihre jeweiligen Vereine erwarteten, gaben sie vor dem Anstoß auf den neun Spielfeldern und dem Beginn der Konferenzübertragung im Bezahl-Fernsehen in verschiedenen Interviews preis. Mit ihnen auch die Gruppe aus dem Lippstädter SPD-Ortsverein mit ihren Vorstandsmitgliedern Christine Goussis, Dietmar Gröning-Niehaus, Karl-Heinz Tiemann und Hans Zaremba. Befragt wurden sie dazu von Marc Rademacher, einem in München lebenden Fernsehjournalisten und dem Redaktionsleiter der Serie ‚Fußball vom Sofa‘. Ihn hatten die vier Lippstädter Sozialdemokraten bereits im August 2017 beim damaligen Kontakt für ihr spannendes Projekt während der Fußballbundesligasaison 2017/18 kennengelernt. Begleitet wurde dieses bislang einzigartige Unternehmen des Lippstädter SPD-Ortsvereins von einer fortwährenden Berichterstattung in der örtlichen Publikation „Lippstadt am Sonntag“. Diese Beiträge haben auch ihren Eingang in die Homepage des SPD-Ortsvereins Lippstadt (www.lippstadt-mitte-spd.de) gefunden und sind dort bei „Fußball vom Sofa“ registriert.

Hans Zaremba

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