Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold

Hans Zaremba über eine Ausstellung in der Volkshochschule

Das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund republikanischer Kriegsteilnehmer“ wurde am 22. Februar 1924 von Mitgliedern der SPD, des Zentrums und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) zur Verteidigung der Demokratie der Weimarer Republik gegründet. Bis zum Freitag, 18. Oktober, wird noch die von der SPD nach Lippstadt geholte Ausstellung „Für eine starke Republik! Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 1924 – 1933“, die sich mit der Geschichte des einst als Wehrverband zum Schutz der Demokratie gegründeten Vereinigung befasst, zu betrachten sein.

Erinnerungsaufnahme bei der Ausstellungseröffnung zum Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold in der Lippstädter Volkshochschule: Von links der SPD-Parteisekretär Karsten Gerlach, die Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD im Kreis Soest, Marlies Stotz, und der scheidende Leiter der VHS im benachbarten Kreis Gütersloh, Dr. Rüdiger Krüger.

Blick auf Lippstadt

Vom Geschäftsführer der Kreis-SPD, Karsten Gerlach, wurde in ihrer Eröffnung mit Blick auf die Region die antidemokratischen und -republikanischen Bewegungen und Aktionen der 1920er Jahre im Kreis Soest und die Antwort der Reichsbanner-Organisation als Verteidiger der noch jungen Republik unter den Farben der Demokratie „Schwarz-Rot-Gold“ dargelegt. Der Aufbau des Reichsbanners habe sich nicht im luftleeren Raum vollzogen, sondern sei, so der SPD-Mann, auch in der heimischen Region die Reaktion auf einen – quasi alltäglichen – Antirepublikanismus gewesen. Obwohl es wegen der Vernichtungen von Unterlagen durch das Nazi-Regime schwer gewesen sei, in Lippstadt etwas über Aktivitäten des Reichsbanners zu finden. Im Stadtarchiv seien für die Zeit von 1925 bis 1931 gerade einmal 29 Einträge verzeichnet. Danach habe sich im damaligen Lokal Nordstern am 23. Mai 1925 eine Reichsbannergruppe gebildet, die im Jahr 1926 rund 400 Mitglieder gezählt habe. Darüber hinaus ging der hauptamtliche SPD-Parteisekretär auch auf die „wichtige Rolle“ des Reichsbanners im Wahlkampf um die Nachfolge des am 28. Februar 1925 überraschend verstorbenen Reichspräsidenten Fritz Ebert ein. Beim Stichentscheid standen sich Wilhelm Marx (Zentrumspartei) für den republikanischen „Volksblock“- der vom Zentrum, SPD und DDP getragen wurde – und der Generalfeldmarschall des Ersten Weltkriegs, Paul von Hindenburg (antirepublikanischer „Reichsblock“), gegenüber. Das Reichsbanner stützte auch im Kreis Soest den Reichskanzler der Weimarer Republik (1923/24 sowie 1926 bis 1928), Wilhelm Marx, der jedoch dem umstrittenen Soldaten aus der Kaiserzeit unterlag. Infolge der Machtübernahme durch die NS-Diktatur wurde der Reichsbanner-Verband 1933 verboten. Bevor die Unterlagen und insbesondere die Mitgliederlisten in die Hände der NS-Chargen fallen konnten, wurden sie vernichtet, was heute auch die Aufarbeitung der Geschichte des Reichsbanners im Kreis Soest und in Lippstadt so mühsam gestaltet.

Geschichte des Reichsbanners im Kreis Soest:Karsten Gerlach erläuterte in seiner Rede die Aktivitäten des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Lippstadt und in seiner benachbarten Region.

Kurt Tucholsky und das Reichsbanner

Dem zweiten Referenten des Abends, Dr. Rüdiger Krüger, der bald mit der Vollendung des 68. Lebensjahres die Leitung der Volkshochschule Reckenberg-Ems mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück aufgibt, war es vorbehalten, die kritische Haltung von Kurt Tucholsky, zeitweiliger Herausgeber der Wochenzeitschrift „Die Weltbühne“, gegenüber dem Reichsbanner zu beurteilen. Eine Aufgabe, die der Literat und Kulturwissenschaftler mit seinem unterhaltsamen Vortrag beim von der SPD und der örtlichen VHS ausgerichteten Treffen zur Reichsbanner-Geschichte rundweg gerecht wurde. Der Gast aus dem Kreis Gütersloh charakterisierte mit etlichen Zitaten ebenso vortrefflich die Bedeutung von Kurt Tucholsky als Satiriker, Kabarettautor, Liedtexter, Lyriker und Kritiker. Zudem schilderte Rüdiger Krüger die Reichsbanner-Geschichte von Freitag, 22. Februar 1924, als sich in Magdeburg das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund der republikanischen Frontsoldaten mit der Wahl von Otto Hörsing zum Vorsitzenden bildete bis zum Verbot im März 1933 infolge der Machtübernahme durch das NS-Regime. Wegen seiner parteiübergreifenden Ausrichtung und breiten Verankerung in den staatstragenden Parteien der Weimarer Republik verfügte das Reichsbanner über prominente und einflussreiche Mitglieder. Darunter finden sich die fünf Reichskanzler Gustav Bauer, Constantin Fehrenbach, Herman Müller, Philipp Scheidemann, Joseph Wirth, Reichstagspräsident Paul Löbe und die späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann und Theodor Heuss. Überdies mehrere Ministerpräsidenten, Reichstags- und Bundestagsmitglieder sowie bedeutende Persönlichkeiten der deutschen Geschichte und des öffentlichen Lebens. Am 28. Oktober 1953 wurde der Verband wieder gegründet, ohne den Status der einstigen Massenorganisation zu erreichen, und erhielt 1968 seinen heutigen Namen „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokaten. Es ist ein überparteiliches, in der Praxis von der SPD dominiertes Bündnis, das das sich der politisch-historischen Bildungs- und Erinnerungsarbeit sowie der demokratischen Traditionspflege widmet, mit dem Ziel, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu bewahren und zu stärken. Sein heutiger Vorsitzender ist das Hamburger SPD-Bundestagsmitglied Johannes Kahrs, der im Mai 2008 zum Dialog mit Marc Herter aus Hamm über den Umgang der Sozialdemokratie mit der Linkspartei in Lippstadt weilte.

Das Reichsbanner im Blick seiner Kritiker: Dr. Rüdiger Krüger aus dem benachbarten Kreis Gütersloh blickte auch auf die Auseinandersetzung des Journalisten und Schriftstellers Kurt Tucholsky aus der Perspektive der kritischen linken Publizistik mit dem Reichbanner Schwarz-Rot-Gold. Fotos (3): Karl-Heinz Tiemann
Letzte Aktualisierungen: