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Lippstadt droht ein Verlust von elf Millionen

Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung beleuchtete auch die Grundsteuer

Wenn bis zum Jahresende die durch das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auferlegte Neugestaltung der Grundsteuer nicht unter Dach und Fach gebracht worden ist, wird diese Einnahmequelle – immerhin an die 15 Milliarden Euro jährlich – für die Kommunen vollständig versiegen. Diese konkrete Gefahr für die ohnehin strapazierten Haushalte der bundesdeutschen Gemeinden und Städte zeigte das Mitglied des Bundestages aus dem benachbarten Kreis Warendorf, Bernhard Daldrup, am Montagabend beim von seinem Kollegen, dem heimischen Abgeordneten Wolfgang Hellmich (Soest), moderierten öffentlichen Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung „Bauen, Mieten, Wohnen“ auf, als er im Lippstädter „Kasino“ über den am vergangenen Sonntag vom Koalitionsausschuss der Bundesregierung ins Auge gefassten Vorschlag zur Grundsteuerreform berichtete.

Die kommunalen Erwartungen sind groß: Das ist auch den Bundestagsabgeordneten aus den benachbarten Wahlkreisen Soest, Wolfgang Hellmich (links), und Warendorf, Bernhard Daldrup, bewusst, wenn nun die Grundsteuerreform in Berlin auf der Tagesordnung steht.

Tragbare Lösung muss rasch kommen

Für Lippstadt würde der Wegfall der Grundsteuer nach den Haushaltszahlen für 2019 einen Verlust von etwa 11 Millionen Euro im Jahr bedeuten. Lippstadt und alle anderen Kommunen werden es nicht leisten können, auf das Geld aus der Grundsteuer zu verzichten. Diese Abgaben werden von ihnen für die Infrastruktur in ihren Gebietskörperschaften benötigt. Da die bisherige Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer nach inzwischen veralteten Werten verfassungswidrig ist, hat sich der Druck auf die Parlamentarier in Berlin enorm erhöht. Sie – und somit auch Hellmich und Daldrup – müssen nun rasch eine tragbare Lösung finden, wenn sie Ärger mit den Kommunen vermeiden wollen. Die richterliche Entscheidung beruht auf die erwähnten nicht mehr zeitgemäßen Einheitswerte für Grundbesitz. In Westdeutschland wurden sie zuletzt in 1964 festgelegt, in Ostdeutschland im Jahr 1935. Unterdessen hat sich der Wert der Grundstücke verändert, abhängig von der Lage in Städten, Ballungsräumen und auf dem Land. Die eigentlich alle sechs Jahre vorgesehene Neubetrachtung erfolgte nicht. Kurzum: Es soll nun durch eine wertabhängige Ermittlung der Einheitswerte gerechter zugehen. Der im münsterländischen Sendenhorst beheimatete ehemalige Kommunalpolitiker musste im „Kasino“ aber eingestehen, dass durch die von der bayerischen CSU beim Gipfel im Kanzleramt durchgesetzte Öffnungsklausel – wonach künftig die Länder 16 eigene Steuermodelle entwickeln können – ein bürokratischer Aufwand entstehe, der leicht vermeidbar gewesen wäre. Für das von den Koalitionären beabsichtigte Vorhaben muss jetzt das Grundgesetz an zwei Stellen geändert werden. Aufgrund der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag, über die Union und Sozialdemokraten jedoch nicht verfügen, und der unerlässlichen Zustimmung des Bundesrates dürfte dies kein einfaches Unterfangen werden.

Momentaufnahme beim Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung in Lippstadt: Dazu hatten sich trotz der sommerlichen Temperaturen eine beachtliche Zahl von Besucherinnen und Besucher im ‚Kasino‘ eingefunden. Fotos (2): Karl-Heinz Tiemann

Spekulation einen Riegel vorschieben

Aufgeworfen wurde in der öffentlichen Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung vom Sozialdemokraten Daldrup, Sprecher der Arbeitsgruppe Kommunalpolitik der SPD-Bundestagsfraktion, auch die Wiedereinführung die Grundsteuer C. Auf sie hätten sich die Partner der gegenwärtigen Koalition verständigt. Mit dieser Besteuerung, die es von 1961 bis 1963 schon einmal gegeben hat, von baureifen, aber nicht bebauten Grundstücken beabsichtige man, mehr Bauland für die dringend begehrten neuen Wohnungen zu erlangen. Die Situation in den 1960er Jahren in der alten Bundesrepublik sei mit dem heutigen Angebots-Nachfrage-Verhältnis nach Wohnraum durchaus vergleichbar. Die SPD wolle, so der einstige Leiter des Amtes für Stadtentwicklung in Beckum, mit der Grundsteuer C neben der Mobilisierung von zusätzlichem Bauland, auch die Spekulation zurückdrängen. Es sei eine Unsitte, unentbehrliche Bauflächen in der Hoffnung auf höhere Gewinne über längere Zeit nicht veräußern zu wollen. Dem müsse die Politik begegnen. Ein weiterer Bericht über andere bei der Gesprächsrunde zum „Bauen, Mieten und Wohnen“ diskutierte Aspekte folgt in einem eigenen Beitrag an dieser Stelle.

Hans Zaremba

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