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Rote Lippe Rose intern 09/2017

Reformationsjubiläum

Gedanken zum Wirken von Martin Luther

Sechster Teil der Kolumne von Dietmar Gröning-Niehaus (Foto)

Iss, was gar ist, trink, was klar ist, red, was wahr ist

Also, mit diesem Satz könnte der Reformator Martin Luther ein waschechter Westfale sein. Denn etwas gut Gebratenes, etwas gut und klar Gebranntes (oder Gebrautes), das wird in Westfalen geschätzt. Wir wissen aus der Geschichte, dass Martin Luther kein Kostverächter war, der gerne, gut und viel speiste und einen guten Schluck Bier auch nicht ablehnte. Wir wissen auch, dass seine Frau Käthe dies alles heranschaffen, zubereiten und brauen musste. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes eine Familienmanagerin. Außerdem sorgte sie auch für die Gesundheit von Martin. Ohne ihre Hilfe und ihre Umsicht hätte sein Leben nicht so lange gedauert. Während die ersten beiden Aufforderungen, das Essen und Trinken betreffend, vor allem vor dem Hintergrund von vergangenen und aktuellen Lebensmittelskandalen (Ei, Ei, Ei), große Zustimmung finden, ist die Aufforderung: Red, was wahr ist! nicht so einfach zu verwirklichen.

Martin Luther war ein Mann der klaren Worte, sei es als Prediger, als Lehrer an der Universität oder als Verfasser von Schriften. Aber nicht immer trafen seine Worte auf ungeteilte Zustimmung, manche Schriften haben sogar falsche Anhänger gefunden. So wurde seine Schrift zu den Juden von den Nazis als ‚Begründung‘ für das Anzünden von Synagogen gesehen. Seine Schrift gegen die ‚aufständischen Bauern‘ wurde als Freibrief für furchtbare Gräueltaten genutzt. War da seine Rede wahr? Ist Wahrheit abhängig von dem eigenen Blickwinkel? Gibt es eine immer und unbedingt gültige und für alle verbindliche Wahrheit? Auf diese Frage gibt es bis jetzt (leider) noch keine eindeutige Antwort. Aber Wahrheit wird in den nächsten Wochen bis zum 24. September eine große Rolle spielen, wenn es im Wahlkampf darum geht, Wähler von der eigenen Position zu überzeugen und zum Wählen zu bewegen. Red, was wahr ist! gilt dann an den Ständen in der Stadt.

Red, was wahr ist! gilt auch im täglichen politischen Geschäft

Gerade lese ich, dass dieser ‚furchtbare Skandal‘ über eine Rede des Ministerpräsidenten (SPD), die dem VW Konzern zur Kenntnis gegeben wurde, eigentlich die gängige Praxis war, auch als der Ministerpräsident der CDU angehörte. Jetzt laut Pfui zu rufen, passt wohl aus Wahlkampfgründen gut in den Kram. Zeigst du aber mit einem Finger auf den anderen, so zeigen mindestens drei Finger auf dich zurück. Es wäre angebracht gewesen, die erhobenen Vorwürfe nicht als willkommene Wahlkampfhilfe zu nehmen, sondern wahrheitsgemäß zu sagen: ‚Das war schon immer eine geübte Praxis.‘ Red, was wahr ist! Vier Worte, deren Umsetzung wirklich nicht einfach ist. Wenn die Wählerinnen und Wähler nicht das Gefühl hätten, das Wahrheit in der Politik keine (große) Rolle spielt, würden sie von ihrem Wahlrecht sicher freudiger Gebrauch machen und am Wahltag nicht zu Hause bleiben. Also: Red, was wahr ist! Auch wenn es unangenehm ist! Es macht dich glaubwürdig (er)!

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