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Widerstand verhindert GWL-Verkauf

Erinnerung an einen Vorgang aus dem Jahr 1997 von Hans Zaremba

Im Frühjahr 1997 wurden Nachrichten bekannt, wonach die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Lippstadt (GWL) zum Verkauf anstehen würde. Vorausgegangen waren Überlegungen in der damaligen Spitze im Stadthaus am Ostwall, damals repräsentiert durch den von August 1989 bis Ende Juli 1997 amtierenden Stadtdirektor Klaus Karl Kaster und den Stadtkämmerer Rainer Strotmeier, beide CDU, aus dem Erlös dieses Geschäftes das Stadtsäckel aufzufüllen.

Freitag, 25. April 1997: Öffentliches Bürgergespräch des Lippstädter SPD-Ortsvereins in der Gaststätte Fernhomberg unter anderem mit Bernhard Scholl, Horst Schneider, Hans Zaremba und Walter Neumann. Quelle: Archiv des SPD-Ortsvereins Lippstadt mit einem Nachdruck aus der Zeitung „Der Patriot“

Indiskretionen

Es waren letztlich wohl Indiskretionen, durch die die vor zwei Jahrzehnten von den leitenden Beamten in der Lippstädter Stadtverwaltung ins Auge gefassten Verkaufsabsichten noch rechtzeitig gestoppt werden konnten. Als in Lippstadt die ersten Gerüchte über den geplanten Deal aufkamen, nahmen sich die Sozialdemokraten der Sache an und führten am Freitag, 25. April 1997, in der Gaststätte Fernhomberg, und am Mittwoch, 30. April 1997, im Pfarrheim St. Pius, zwei gut besuchte Bürgergespräche durch. Die Orte im Norden und Süden der Kernstadt waren von den Verantwortlichen der Sozialdemokraten bewusst ausgesucht worden, da in ihrer unmittelbaren Nähe jeweils ein hoher Anteil von GWL-Mietobjekten vorhanden war und auch heute noch dort besteht. Die Schlagzeilen in den lokalen Printmedien in Lippstadt lauteten in 1997: Gegen GWL-Deal formiert sich bereits der Widerstand („Der Patriot“ in der Wochenendausgabe vom 19. und 20. April 1997), Mieterin: „Wir sitzen auf einem Pulverfaß“ („Der Patriot“ am Montag, 28. April 1997) und „GWL sollte in ihrer jetzigen Struktur erhalten bleiben“ („Lippstadt am Sonntag“ am 4. Mai 1997).

Ein GWL-Bau aus dem Jahr 1962:Reihenhaus in der Goethestraße in der nördlichen Kernstadt. Foto-Quelle: Publikation „Jakob Koenen und der Sport“ aus dem Dezember 2012

Bürgerversammlungen

Der Lippstädter SPD-Ortsverein, von dem die Zusammenkünfte initiiert wurden, hatte seine gut besuchten Treffen mit dem Titel „Hände weg von der GWL“ überschrieben. Für die SPD waren 1997 die inzwischen verstorbenen Ratsherren Antonius Schneider (30. Januar 2014), Horst Schneider (1. Februar 2015) und Walter Neumann (7. Juli 2015) sowie die derweil aus dem Stadtrat ausgeschiedenen Heinz Gerling und Bernhard Scholl und der Verfasser dieses Beitrages, Hans Zaremba, zugegen. „Der Patriot“ hatte seine Eindrücke vom Gespräch im Lokal Fernhomberg unter anderem so beschrieben: Als beängstigend empfanden es mehrere Mieter, daß die Verhandlungen von Stadtdirektor und Kämmerer lange „im stillen Kämmerlein“ geführt worden seien, ohne Rat und GWL-Aufsichtsrat frühzeitig zu informieren. Und von „Lippstadt am Sonntag“ wurde die im Pfarrheim St. Pius von einer älteren Dame angeführte Klage Warum wird über einen GWL-Verkauf spekuliert, ohne daß wir Mieter darüber informiert werden veröffentlicht.

Unterschriftenlisten

In der Ratssitzung am Montag, 26. Mai 1997, wurde der GWL-Verkauf abgewendet. Der öffentliche Druck für den Erhalt der 1951 durch das Engagement des Sozialdemokraten im Bürgermeisteramt, Jakob Koenen, geschaffenen GWL war zu groß. Überdies wurde den Stadtvertretern auch eine Unterschriftenliste präsentiert, mit der sich die Unterzeichner „gegen jegliche Überlegungen, die GWL an einen anderen Eigentümer zu veräußern“ wandten. Ohne die SPD-Initiative und dem massiven Mieter-Protest in den GWL-Häusern wäre es vermutlich in 1997 zum von Klaus Karl Kaster eingefädelten Jahrhundert-Deal (Zitat aus „Der Patriot“ am 19. und 20. April 1997) gekommen. Nicht nur das städtische Tafelsilber wäre fort gewesen, sondern die Leidtragenden wären jene Familien gewesen, die seit Jahren in den GWL-Wohnungen lebten und auch heute noch dort beheimatet sind.

GWL im Jahr 2017

Ihr wesentlicher Gesellschafter ist gegenwärtig mit 89.90 Prozent die Wirtschaftsförderung Lippstadt GmbH, ein Konstrukt, was nach dem verhinderten GWL-Verkauf in 1997 gewählt wurde. 4.01 Anteile werden von zehn weiteren Gesellschaftern gehalten und 6.09 Prozent befinden sich im Eigentum der GWL. Folgende Geschäftsfelder werden von der GmbH wahrgenommen: Vermietung von Wohnungen und Gewerberäumen, Bau von Wohn- und Gewerbebauten, Planung und Durchführung von Erschließungsmaßnahmen, Errichtung und Verkauf von Eigentumsmaßnahmen, Hausbewirtschaftung für Dritte, kaufmännische und technische Betreuung von Bauprojekten sowie Projektsteuerung. Die Bilanzsumme wurde zum 31. Dezember 2015 mit rund 46 Millionen Euro ausgewiesen, die Anzahl der Mietwohnungen wurden mit rund 1.600 beziffert. Aufsichtsratsvorsitzender der GWL ist seit der letzten Kommunalwahl im Mai 2014 der Sozialdemokrat und Stadtvertreter aus dem Lippstädter Südwesten, Josef Niehaus. Sein Fazit ist fraglos zutreffend: „Gut, dass wir mit der GWL einen auf das Gemeinwohl ausgerichteten Vorhabenträger haben. Denn private Investoren, die sich im Moment eine goldene Nase verdienen, gibt es mehr als genug!“

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