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Fahrten in ein unbekanntes Land

Hans Zaremba erinnert an das Engagement der SPD in der DDR

Der Fall der Berliner Mauer – heute vor 25 Jahren – ebnete den Weg, der innerhalb eines knappen Jahres zum Zusammenbruch der der SED-Diktatur, zur Auflösung der DDR und gleichzeitig zur stattlichen Einheit Deutschlands führte. In diesem Beitrag für „Lippstadt am Sonntag“ schildert der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hans Zaremba das Engagement der Lippstädter Sozialdemokraten beim Aufbau einer demokratischen Struktur in Oschatz. Überdies will die SPD von Dienstag, 18. November, bis Sonntag, 7. Dezember, im Lippstädter Stadtmuseum mit ihrer Darstellung „Fahrten in ein unbekanntes Land“ parallel mit der Präsentation der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Friedlichen Revolution in DDR („Wir haben die Machtfrage gestellt“) auf die spannende Zeit des politischen Umbruchs in Ostdeutschland zurückblicken.

Beginn einer neuen Epoche:Sozialdemokraten aus Oschatz und Lippstadt bringen den Wahlkampf für die erste und einzige freie Wahl der Volkskammer der DDR am 18. März 1990 in Gang. Auf dem Bild vom 28. Januar 1990 befinden von links nach rechts Bernhard Scholl, Marlies Stotz (Lippstadt) Rene Dorow (Oschatz), Karl-Heinz Brülle, Hans Zaremba (Lippstadt) und Friedhelm Zieger (Oschatz). An diesen Besuch und einige andere Treffen von Sozialdemokraten aus Oschatz und Lippstadt in den spannenden Wochen der politischen Veränderungen in der damaligen (Noch-) DDR wollen die Lippstädter Sozialdemokraten zum 25. Jahrestages des Mauerfalls in Berlin erinnern. Archiv-Foto: Anita Brülle

Beklommenheit

Als wir (Anita und Karl-Heinz Brülle, Marga und Bernhard Scholl, die inzwischen verstorbene Lydia Schulte, Marlies Stotz, Angelika und Hans Zaremba) am frühen Samstagmorgen, 27. Januar 1990, die Reise mit unseren Autos nach Oschatz antraten, verspürten etliche von uns schon eine gewisse Beklommenheit. Trotz der Öffnung ihrer Grenzen war zu diesem Zeitpunkt die DDR noch Mitglied des Warschauer Paktes und kein Rechtsstaat nach der in der westlichen Bundesrepublik bekannten Lesart. Es waren für uns Fahrten in ein unbekanntes Land. Mit dem Landstrich zwischen Elbe und Oder verbanden bis zum Mauerfall viele von uns überwiegend Trostlosigkeit und vor allem die unangenehme Begegnung mit den staatlichen Organen beim Grenzübertritt oder auf den Transitwegen von und nach Berlin. Dieser ersten Fahrt in die 18.000 Einwohner umfassende Kommune an der Döllnitz sollten in den Wochen bis zur ersten und einzigen freien Wahl der Volkskammer am Sonntag, 18. März 1990, noch etliche Reisen von weiteren Lippstädter Sozialdemokraten folgen. Ebenso kam es bis in den Sommer 1990 zu einer Reihe von Gegenbesuche engagierter Sozialdemokraten aus dem Kreis Oschatz in Lippstadt.

Grundwissen

Es war bemerkenswert, was alles in der kurzen Zeit der Begegnungen der Sozialdemokraten aus Lippstadt und Oschatz sowohl in Westfalen als auch in Sachsen stattfand. An der Lippe waren dies überwiegend Angebote zur Vermittlung von Grundwissen über die Politik in der Bundesrepublik Deutschland und ihrem föderalen Aufbau mit den Ländern und den Bundesstaat sowie der kommunalen Selbstverwaltung in den Gemeinden und Städten. Durch das zentralistische System in der DDR waren diese Konstitutionen den in Oschatz und in der Region aufgewachsenen Frauen und Männern kaum bekannt. Darüber hinaus interessierten die Besucher aus Sachsen auch Fragen, die über die Kommunalpolitik und Parteiarbeit hinausgingen. Dazu zählte auch das Zusammenwirken von Sozialdemokratie und Gewerkschaften mit den Aspekten „Politik für Arbeitnehmer“ und „Mitwirkungsrechte der Betriebsräte“, wozu sich der damalige Sekretär der Verwaltungsstelle Lippstadt der Industriegewerkschaft (IGM), Michael Datzkow, zur Verfügung stellte. Zugleich wollten die Oschatzer Sozialdemokraten Informationen über die Arbeit eines durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betriebes erfahren. Auch dafür konnte im Februar 1990 mit dem Leiter der Wirtschaftsberatungsstelle der Kreisstelle Soest der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Eberhard Happich, ein ausgewiesener Fachmann gewonnen werden.

Ausstellungen

In der sächsischen Stadt an der Döllnitz und in den benachbarten Orten war es vor allem der Straßenwahlkampf, in denen sich die Lippstädter einbrachten. Ein Blick auf die Abläufe der Phase vom Ende der Mauer bis zur ersten freien Wahl der Volkskammer unterstreicht, wie knapp es für die Menschen im Osten war, sich auf die neuen Begebenheiten einzustellen. Die Öffnung der Grenzen erfolgte am Donnerstag, 9. November 1989, am letzten Januar-Wochenende 1990 war das erste Treffen der Sozis aus Oschatz und Lippstadt. Bereits am Sonntag, 18. März 1990, hatten die Bürgerinnen und Bürger in Mitteldeutschland über die Zusammensetzung jenes Parlamentes zu entscheiden, das am 20. September 1990 durch die Annahme des Einigungsvertrages den Beitritt der DDR zum Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung des 3. Oktober 1990 beschließen sollte. An diese spannenden Vorgänge sollen die Ausstellungen „Wir haben die Machtfrage gestellt“ und „Fahrten in unbekanntes Land“ erinnern, die am Dienstag, 18. November, um 18.00 Uhr im Beisein des früheren Staatsminister im Bundeskanzleramt, Rolf Schwanitz (Plauen), eröffnet werden.

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